Christus am Ölberg und Christus erscheint Maria Magdalena (Noli me tangere) Aus der Wallfahrtskirche Maria Straßengel in der Steiermark Österreich, 1350/1355 Glasmalerei 109,2 x 39,9 cm; 108,9 x 40,8 cm Kyjiw, Khanenko Museum, Inv. 138 БР МХ, 137 БP МХ 4 Zwei farbenprächtige, kunstvoll komponierte Felder zeigen Ereignisse aus dem Leben Christi: sein Gebet am Ölberg inmitten schlafender Apostel und seine Erscheinung vor Maria Magdalena in Gestalt eines Gärtners. Beide Scheiben stammen aus dem Chor der zwischen 1345 und 1355 errichteten Wallfahrtskirche Maria Straßengel in der Steiermark, deren Verglasung zu den bedeutendsten mittelalterlichen Glasmalereikomplexen in Österreich zählt. Das zentrale Chorfenster von Maria Straßengel umfasste ursprünglich 21 Szenen der Passionsgeschichte vom Einzug in Jerusalem bis zur Himmelfahrt einschließlich der Wundererscheinungen Christi. Dazu gehörten beide Glasgemälde mit dem letzten Gebet Christi vor seiner Gefangennahme: „…Gehe dieser Kelch an mir vorüber“ (Mt 26,39) und die Erscheinung des Auferstandenen vor Maria Magdalena, auch Noli me tangere genannt, nach den Worten Christi: „Halte mich nicht fest…“ (Joh 20,17). Alle überlieferten Scheiben des Passionsfensters mit ihrer eleganten Linienführung, ausgefallenen Farbwirkung und akribischen Verzierung sämtlicher Oberflächen werden dem sogenannten Hauptmeister von Straßengel zugeschrieben. Dieser muss aus einer hochrangigen Wiener Werkstatt gestammt haben und wird mit den größten Glasmalereiaufträgen dieser Zeit, etwa im Stephansdom oder in St. Maria am Gestade in Wien, in Verbindung gebracht. Während der umfassenden Restaurierung der Wallfahrtskirche wurden 1884/85 durch die Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck unter der Leitung von Albert Jele mehrere wertvolle Originale ausgeschieden und – mit der Absicht, sie später zu verkaufen – durch Neuanfertigungen ersetzt. Der unterschiedliche Erhaltungszustand beider hier ausgestellten Felder kann als Musterbeispiel der kostensparenden „Restaurierungspraxis“ dieser Zeit gelten. Während die Komposition mit Christus am Ölberg noch den Hauptkern ihres aufwendigen, komplexen und kleinteiligen Bleinetzes bewahrte, wurde die Szene mit der Erscheinung Christi vor Maria Magdalena, die deutlich größere Glasstücke aufweist, vollständig entbleit, stark ergänzt und neu verbleit. Die meisten der aus Maria Straßengel entfernten Scheiben wurden durch das Landesmuseum Joanneum in Graz gekauft, doch einige der Glasmalereien gelangten über den Kunsthandel in weit entlegene Sammlungen, darunter das Victoria & Albert Museum in London, das Metropolitan Museum in New York und das Museum Khanenko in Kyjiw. Bacher 1979, 117–141, 196. Elena Kosina 46
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