Zehngebotefenster Aus der Karmeliterkirche in Boppard Mittelrhein, um 1440–1446 Glasmalerei 380 x 249 cm; Einzelfelder ca. 53 x 72 cm Vom Kölner Kunstgewerbemuseum 1930–1932 übernommen Köln, Museum Schnütgen, Inv. M 596 5 Das Glasfenster gehört zu den bedeutendsten spätgotischen Glasmalereien der Mittelrheinregion. Es stammt aus der Karmeliterkirche in Boppard und zeigt fünf der Zehn Gebote (Ex 20,1–17). Inszeniert werden die Gebote wie in der mittelalterlichen Predigt üblich jeweils durch aufeinander bezogene Darstellungen ihrer Befolgung und Missachtung, letzteres stets begleitet durch kleine Dämonen. Die Gebotsszenen geben klare moralische Handlungsanweisungen. Besonders eindrucksvoll ist die mittlere Szene: Während links eine Menschengruppe ein goldenes Götzenbild anbetet und damit gegen das erste Gebot verstößt, wenden sich die Gläubigen rechts Gottvater zu. Die Gebote werden jeweils durch Spruchbänder verbalisiert, die Gott selbst präsentiert (obere Zeile: „du solt nyman doetten / du solt vatter un[d] mutter eren / du solt de[n] sun[n]entag firen“, untere Zeile: „du solt gotes namen nuit uppelichen nennen / eine[n] got den solt du betten an“ (nach Nikitsch)). Als letztes Bild in der Reihe ist Moses unten rechts beim Empfang der Gesetzestafeln zu sehen. Ursprünglich befand sich das Fenster in der Nordwand des Seitenschiffs, das ab 1440 errichtetet wurde, und bildete die untere Hälfte eines größeren Fensters. Die obere Hälfte, deren Scheiben heute auf unterschiedliche Sammlungen verteilt sind, zeigte die restlichen fünf Gebote sowie die Muttergottes. Auch in den Scheiben im Museum Schnütgen sind nicht nur fünf Gebote und Moses zu sehen, sondern auch die Krönung der hl. Elisabeth von Thüringen. Die Heilige, die für ihre Wohltätigkeit bekannt ist, wird gezeigt, wie sie Bedürftigen Brot und Kleidung reicht. Sie ist umgeben von Engeln mit Adlerwappen und Bändern mit Textpassagen des Ambrosianischen Lobgesangs. Die genaue Position des Fensters im Seitenschiff und die Frage nach seinem Auftraggeber sind umstritten. Hayward vermutete eine kaiserliche Stiftung durch König Albrecht II. (1397–1439) oder seiner Witwe Elisabeth von Luxemburg (1409–1442). Becksmann dagegen sah einen Hinweis auf den Trierer Erzbischof Jakob von Sierck (um 1398–1456), während Datz eine Stiftung durch die freie Reichsstadt Boppard selbst vorschlug. Stilistisch zeigt das Glasgemälde Parallelen zur spätgotischen Verglasung von St. Peter in Partenheim und St. Marcel in Zettingen. Nach der Säkularisation des Karmeliterklosters wurden die Fenster 1818 durch die Stadt Boppard verkauft und gelangten als Einzelteile in verschiedene Sammlungen, darunter die Pariser Sammlung Spitzer, die Burrell Collection in Glasgow und in das Herrenhaus Ochre Court in Newport (Rhode Island). Prüfer 1877. – Lymant 1982, 105–108, Nr. 60. – Hayward 1989, 184–188. – Nikitsch 2004, 79–81. – Becksmann 2009, 121–281. Datz 2013. – Woelk/Beer 2018, 252–253, Nr. 166 (Iris Metje). Christina Clever-Kümper 50
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