Kabinettscheiben mit Szenen aus dem Leben des Tobias Südliche Niederlande, um 1500 Glasmalerei D. 23–27,1 cm Vom Kölner Kunstgewerbemuseum 1930–1932 übernommen (M 613); erworben 1999 mit Unterstützung der Kölner Kulturstiftung der Kreissparkasse Köln (M 702, M 703) Köln, Museum Schnütgen, Inv. M 613, M 702, M 703 11 Die kleinen Rundscheiben zeigen in Grisaillemalerei mit Silbergelb und Eisenrot Szenen aus dem Buch Tobit des Alten Testaments. Sie geben in sogenannten Simultandarstellungen gleich mehrere Begebenheiten in einem Bild wieder. So tröstet der erblindete Tobit seine Frau Hanna, weil ihr Sohn Tobias weiter hinten in der Darstellung zu einer Reise aufbricht. Die zweite Glasmalerei zeigt Tobias beim Fang eines riesigen Fisches, in seinem Rücken steht schützend der Erzengel Raphael. Von diesem begleitet ist Tobias im Hintergrund bei der Rückkehr zu seinen Eltern dargestellt. Die dritte Scheibe mit der Heirat von Tobias und Sara im Zentrum zeigt links im Bild die Schlachtung eines Ochsen für das Fest, rechts verbrennt Tobias Herz und Leber des bezwungenen Fisches. Mit dieser Handlung befreit Tobias Sara von dem bösen Geist, der ihre sieben vorangehenden Ehemänner in der Hochzeitsnacht getötet hatte. Es ist anzunehmen, dass diese drei Rundscheiben Teil eines größeren Zyklus mit weiteren Szenen der Tobiaslegende waren. Erzählungen aus dem Leben des tief gläubigen Tobias waren als Beispiel für das Eingreifen Gottes in das menschliche Schicksal im Spätmittelalter besonders geschätzt. Davon zeugen eine Vielzahl erhaltener Glasmalereien und Zeichnungen (vgl. Berserik/Caen 2011), die in den südlichen Niederlanden in der Zeit von 1480 bis 1530 enstanden sind. Beliebte Vorlagen wurden in den Werkstätten über einen langen Zeitraum verwendet und je nach Bedarf dem Zeitgeschmack angepasst, beispielsweise in der Wiedergabe der Kleidung. Als konkrete Vorlage für die Darstellung „Tobias mit dem Fisch“ gilt die um 1480–1490 datierte Zeichnung, die sich heute in der Royal Library in Windsor Castle (Inv. RL 12952) befindet. Eine Entstehung der drei Kabinettscheiben wird aufgrund der gekonnten Verwendung von Eisenrot um 1500 vermutet. Kat. Köln 1903, 38, Taf. 9, 578, 20. – Schmitz 1923, Nr. 56. – Popham 1928, 178. –Kat. Herbst des Mittelalters 1970, 73, Nr. 86. – Lymant 1982, 167–169, Nr. 100. – Husband 1995, 50–51, 64–67, Nr. 12–14. – Westermann-Angerhausen 2000, 376. – Westermann-Angerhausen/Täube 2003, 24–25, Abb. 24. – Berserik/Caen 2011, 182, 177–183. – Woelk/Beer 2018, 334–335, Nr. 224 (Karen Straub). – Williamson 2021, 329. Carola Hagnau Tobit tröstet Hanna 68
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