Licht in dunklen Zeiten

17 Die kleinformatigen, nur mit Lotzeichnung, Silbergelb und Eisenrot gestalteten Rundscheiben aus den Sammlungen Khanenko und des Museum Schnütgen zeigen drei Szenen aus der Parabel vom verlorenen Sohn, die Jesus vor den Pharisäern erzählt, um die unendliche Barmherzigkeit Gottes zu erläutern (Lk 15,11-32). Allerdings stammen diese Scheiben aus drei verschiedenen Serien von derartigen Glasmalereizyklen, die sich ab 1500 vorwiegend in den Niederlanden und am Niederrhein einer immer größeren Beliebtheit erfreuten. Teilweise sehr umfangreiche erzählende Scheibenserien verbildlichten das Leben und Wirken von Jesus, Maria und den Aposteln, Heiligenlegenden und Geschichten aus dem Alten Testament, aber auch symbolische Darstellungen, antike Legenden oder Sprichwörter. Ebenso verschieden war die Bestimmung solcher Glasmalereien: von Refektorium, Kapitelsaal, Hospital oder Kreuzgang im Sakralbau über öffentliche Räume in Gilden-, Rat- oder Kaufhäusern bis hin zum privaten Gebrauch in Wohnhäusern. Zahlreiche Künstler hauptsächlich aus Flandern und Brabant – etwa Hugo van der Goes, Lucas van Leyden, Jan Gossaert und Pieter Cornelisƶ – waren für die Vorlagen und die Ausführung solcher Rundscheiben verantwortlich, manche Serien wurden sogar mehrfach für verschiedene Auftraggeber wiederholt. Die Scheibe aus Köln mit der Heimkehr des verlorenen Sohnes führt in der umlaufenden Inschrift den Namen eines Kölner Patriziers, Jan van Hasselt mit seiner Frau, das Herstellungsdatum 1532 und die Hausmarke des Stifters. Das Vorhandensein von weiteren acht Scheiben mit identischer Rahmung (früher im Kölnischen Stadtmuseum) lässt darauf schließen, dass sie alle zu einem sehr ausführlichen Zyklus gehört haben dürften, der mutmaßlich für das Wohnhaus dieses erfolgreichen Kaufmanns und Ratsherren in Köln bestimmt gewesen war. Provenienz und Datierung der beiden, aus verschiedenen Serien entstammenden Rundscheiben aus Kyjiw lassen sich hingegen aufgrund fehlender spezifischer Künstler- oder Auftraggeber-Merkmale deutlich schwieriger ermitteln. Unscharfe Abbildungen von zwei aufeinander folgenden Losen in einem Amsterdamer Auktionskatalog von 1912 zeichnen möglicherweise ihre letzte Spur im europäischen Kunsthandel ab, bevor sie in den Besitz der Eheleute Khanenko übergegangen sind. Müller 1912, Nr. 1391. – Лукомський 1921, 53. ‒ Lymant 1982, 232–236. – Berserik/Caen 2007, VIII. – Berserik/Caen 2014, 224–225. Elena Kosina Szenen aus der Legende des verlorenen Sohnes 1. Der verlorene Sohn bittet einen Bauern um Arbeit Glasmalerei, Rahmung 51 x 33,5 cm, Rundscheibe D. 22 cm Flandern, 2. Viertel 16. Jahrhundert Kyjiw, Khanenko Museum, Inv. 134 БР МХ 2. Der verlorene Sohn hütet die Schweine Glasmalerei, Rahmung 51 x 33,5 cm, Rundscheibe D. 19,8 cm Flandern, 2. Viertel 16. Jahrhundert Kyjiw, Khanenko Museum, Inv. 133 БP МХ 3. Heimkehr des verlorenen Sohnes Köln, nach Pieter Cornelisƶ, 1532 Glasmalerei, Rundscheibe D. 26,9 cm Köln, Museum Schnütgen, Inv. M 670 Der verlorene Sohn bittet einen Bauern um Arbeit 82

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