Licht in dunklen Zeiten

Kabinettscheibe mit der Allegorie von Gesetz und Gnade Köln, 1551 Glasmalerei D. 30 cm Erworben 1965 von Eberhard Giese, Köln Köln, Museum Schnütgen, Inv. M 695 18 Der Auftraggeber der Glasmalerei und ihre Datierung in das Jahr 1551 gehen aus der Umschrift auf der roten Rahmung hervor. Genannt wird Johann Helling, wohl ein Barbier aus Siegen. Auf ihn verweist zusätzlich die am rechten unteren Bildrand wiedergebende Hausmarke. Die Kabinettscheibe zeigt eine in der Reformationszeit aufkommende Thematik, deren Ursprünge um 1525 in Wittenberg liegen und den Grundgedanken der Lehre Luthers wiedergeben. Demzufolge kann der Mensch allein durch die Gnade Gottes erlöst werden. Im 16. Jahrhundert war dieses in unterschiedlichen Gattungen verbreitete Motiv bei Protestanten und Katholiken gleichermaßen beliebt. In der Rundscheibe sitzt mittig im Vordergrund ein Mann als Sinnbild der Menschheit auf einem Baumstumpf vor einer tief in den Bildraum führenden Landschaft. Ein Baum, der nur auf der rechten Seite Laub trägt, teilt die dargestellten Begebenheiten aus dem Alten und Neuen Testament. Der Mensch ringt mit der Entscheidung, ob er sich dem Gesetz des Alten oder der Gnade des Neuen Testaments zuwenden soll. Stellvertretend für den alten Bund steht links der Prophet Jesaja vor alttestamentarischen Szenen wie dem Sündenfall, der Ehernen Schlange und der Übergabe der Gesetzestafeln an Moses. Als Personifikation des neuen Bundes ist ihm rechts Johannes der Täufer gegenübergestellt, der auf das Lamm Gottes weist. Weitere Szenen im Hintergrund zeigen die Auferstehung und Kreuzigung Christi, die Verkündigung an die Hirten und das Christuskind, das auf Maria zuschwebt. Johannes und Jesaja weisen dem Menschen den richtigen Weg, in dem sie beide auf die Seite der Gnade deuten; nur dort grünt der Baum. Die Komposition der Glaubensallegorie geht auf einen Holzschnitt (Fleck 2010) sowie auf ein Tafelgemälde von Lucas Cranach d. Ä. von 1529 zurück (Prag, Nationalgalerie, Inv. CZ_NGP_010732). Zwei weitere in Köln entstandene Kabinettscheiben mit demselben Bildthema geben die Darstellung seitenverkehrt wieder und werden früher als die Scheibe des Johann Helling datiert. Eine davon, inschriftlich auf 1538 datiert, befindet sich heute im Metropolitan Museum in New York (Inv. 27.224.1); die andere, um 1540–1550 eingeordnet, im Suermondt-Ludwig-Museum Aachen (Inv. KK 0900). Von Euw 1966. –Schnitzler 1968, 101, Nr. 176b. – Lymant 1982, 245–250, Nr. 155. – Täube 1998, 64f., Nr. 22. – Reinitzer 2006, 289, Nr. 383. – Täube 2007a, 29, Abb. 21. – Fleck 2010, 282–284, Nr. 275. – Kat. Glanz und Größe 2011, 406. – Woelk/Beer 2018, 389, Nr. 260 (Iris Metje). Carola Hagnau 86

RkJQdWJsaXNoZXIy MTI5NTQ=